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Ein hochgezüchteter Transistor aus Graphen


Hohe Schaltgeschwindigkeit dank schonendem Herstellungsverfahren


Christian Speicher ⋅ Über Silizium lässt sich viel Gutes sagen. Nicht umsonst ist es das bevorzugte Material der Halbleiterindustrie. Zu wünschen übrig lässt allerdings die geringe Mobilität seiner Elektronen. Sie ist der Grund dafür, dass Silizium-Transistoren nicht besonders schnell sind. Dort, wo hohe Arbeitsfrequenzen gefragt sind – etwa bei der Verstärkung von hochfrequenten Signalen in der drahtlosen Kommunikation –, setzt man deshalb auf Halbleiter wie Galliumarsenid oder Indiumphosphid, die sich durch eine hohe Beweglichkeit ihrer Elektronen auszeichnen. Den Konkurrenten des Siliziums sitzt allerdings selbst ein Konkurrent im Nacken. Forscher der University of California in Los Angeles (UCLA) haben einen Transistor aus Graphen vorgestellt, der den schnellsten Transistoren in nichts nachsteht.¹

Graphen ist eine Form von Kohlenstoff, die aus einer einzigen Atomlage Grafit besteht. Vor sechs Jahren war es Forschern erstmals gelungen, Graphen-Flocken mit einem Klebeband von einem Grafit-Block abzuziehen und sie auf eine Unterlage zu übertragen. Bei der Untersuchung der Flocken stellte sich bald heraus, welche vorzüglichen Eigenschaften Graphen besitzt. So weckte die hohe Mobilität seiner Ladungsträger die Hoffnung, ultraschnelle Transistoren bauen zu können.

Tatsächlich wurde schon 2007 der erste Graphen-Transistor vorgestellt. Danach ging es Schlag auf Schlag. Ende 2008 gab es bereits den ersten Transistor, der im Gigahertz-Bereich operierte. Anfang dieses Jahres knackten Phaedon Avouris und seine Mitarbeiter vom Watson Research Center der IBM in New York die 100-Gigahertz-Marke.

Der Graphen-Transistor von Xiangfeng Duan und seinen Mitarbeitern von der UCLA bricht nun auch diesen Rekord. Seine Grenzfrequenz – das ist die Frequenz der Signale, die der Transistor gerade noch verstärken kann – beträgt 300 Gigahertz. Damit ist er ebenso schnell wie vergleichbare Transistoren aus Galliumarsenid und Indiumphosphid. Wenn man bedenke, dass der erste Graphen-Transistor erst vor drei Jahren hergestellt worden sei, sei das ein bemerkenswertes Ergebnis, findet Frank Schwierz von der Technischen Universität Ilmenau. Transistoren aus Galliumarsenid und Indiumphosphid hätten für die gleiche Entwicklung fast drei Jahrzehnte benötigt.

Der Schlüssel zum Erfolg ist die spezielle Herstellungsmethode, die die Forscher der UCLA gewählt haben. Die lithografischen Verfahren, mit denen die Halbleiterindustrie üblicherweise Transistoren fabriziert, lassen sich zwar im Prinzip auf Graphen übertragen. Da Graphen aber so dünn ist, kommt es häufig zu Defekten, die die vorzüglichen Eigenschaften des Materials teilweise zunichtemachen.

Die Forscher liessen sich deshalb etwas anderes einfallen. Sie stellten zunächst Nanodrähte mit einem leitfähigen Kern und einem isolierenden Mantel her und placierten diese auf der Graphen-Schicht. Anschliessend wurde eine dünne Schicht aus Platin auf dem Graphen abgeschieden. Durch den nur 140 Nanometer dicken Nanodraht wurde die durchgehende Platin-Schicht unterbrochen. So entstanden zwei getrennte Bereiche, die zwei der Elektroden des Transistors formten. Der Nanodraht selbst bildete die dritte Elektrode, durch die der Stromfluss in der darunterliegenden Graphen-Schicht gesteuert werden kann. Die Forscher konnten sich davon überzeugen, dass die Mobilität der Ladungsträger in Graphen durch diese Art der Herstellung tatsächlich kaum beeinträchtigt wird.

Schwierz sieht in der Arbeit der kalifornischen Forscher einen grossen Fortschritt. Allerdings besteht für ihn noch kein Grund zur Euphorie. Das neue Herstellungsverfahren sei zwar für den einzelnen Transistor optimal. Er befürchte jedoch, dass es weniger geeignet sei, um eine grosse Anzahl von Transistoren zu fabrizieren. Avouris teilt diese Zweifel. In seinen Augen führt kein Weg an den bewährten lithografischen Methoden der Halbleiterindustrie vorbei, wenn man integrierte Schaltungen aus Graphen fertigen wolle.

¹ Nature, Online-Publikation vom 1. September 2010.


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